nach oben scrollen
Friday
9.5.2025

Kursbericht: Rinderarbeit meets Reitkunst

Kurshighlight des Jahres:
Dr. Kathy Quiggle nahm uns zwei Tage lang mit in die faszinierende Welt der Vaqueros und der Rinderarbeit. Egal ob Warmblut, Quarter Horse oder Araber – jeder Freizeitreiter war begeistert und nahm ein Stück dieser besonderen Philosophie mit nach Hause.

Aber warum Rinder? Und was hat Westernreiten mit klassischer Reitkunst zu tun? Die Antwort: Sehr viel! Doch bevor wir ins Detail gehen, werfen wir einen kurzen Blick in die Geschichte.

Jeannine Slowik
Leitung Reitkunstzentrum Südbaden & Reitkunstlehrerin

Die Wurzeln des Vaquero-Horsemanships
Das altkalifornische Westernreiten – besser bekannt als California Vaquero Horsemanship – ist ein altes, gehütetes Wissen. Die Geschichte der Vaqueros war bzw. ist legendär! Früher punktete man mit diesem Wissen rund um die Rancharbeit und fand dadurch einen besser bezahlten Job. Selten wurde daher darüber berichtet und nur im Geheimen weitertragen 🤫

Aber wo liegt beim Altkalifornische Horsemanship der Unterschied zum „normalen“ Westernreiten?

Kurz gesagt:
Das „normale“ ist das texanische Westernreiten und die Schwerpunkte liegen in der funktionalen praktischen Ausführung. Man bezeichnet es auch als „doing first“. Dabei wurde der Haltung der arbeitenden Pferde weniger Achtung geschenkt und kaum in Versammlung oder Aufrichtung gearbeitet. Wichtiger war, dass die Rancharbeit schnell und einfach funktioniert. Die bevorzugt tiefe Kopfhaltung kommt beispielsweise auch daher: Die Pferde sollten „Auge in Auge“ mit dem Rind sein, um diese besser lesen zu können und der Reiter hatte so über den Pferdehals ebenfalls einen besseren Überblick.

Das California Vaquero Horsemanship ist Westernreiten mit gesunder Aufrichtung. Dabei wird viel Fokus auf die aufgerichtete Haltung und Versammlung mit vielen Seitengängen gelegt. Denn durch die Seitengänge blieben die Pferde nicht nur länger gesund und nutzbar, sondern die Rancharbeit war erheblich einfacher. So konnte beispielsweise ein Rind in einem Travers leichter getrieben werden als einfach gerade aus oder von hinten. Seitengänge wurden daher als Hilfsmittel für Erleichterung bei der Arbeit eingesetzt - nicht als isolierte Lektion.

Hier zeigt sich die Verbindung zur klassischen Reitkunst: Beide Systeme zielen auf ein durchlässiges, gerade gerichtetes und gesundes Pferd ab.


Doch nicht nur das! Auch die Philosophie hinter dem California Vaquero Horsemanship ist etwas ganz Besonderes und hat viele Parallele zur Klassischen Reitkunst:

Philosophie & Ausbildung – „Mañana“ statt „schnell fertig“
Angefangen mit dem Begriff „mañana“. Das heißt, den Fokus auf Morgen legen und steht für: Wie ist mein Pferd in 15 - nicht: in einem oder 2 Jahren? 
Denn der Weg ist das Ziel und nicht möglichst schnell ein Pferd ausbilden. So, wie man es in der heutigen Reiterei kennt. Ein Pferd wird häufig schon mit 3 eingeritten und muss nach wenigen Wochen in allen drei Gangarten funktionieren. Damit es vorzeige- und verkaufsfertig wird.
Bei den Vaqueros geht es vor allem auch nicht um eine Pferdeausbildung von 2 oder 3 Jahren, sondern ein lebenlang. Das Ziel sind, sicherer Geländepartner auf die sich der Reiter verlassen kann. Darüber hinaus gerade gerichteten, gesunde und kraftvolle Reitkunstpferde mit dem krönenden Abschluss zum sogenannten „Brilde Horse“. Ist ein hoch ausgebildetes Arbeitspferd, das auf feinste, fast unsichtbare Hilfen reagiert – vor allem durch Sitz und Schenkel, mit minimalem Zügeleinsatz.
Es wird traditionell mit einer speziellen Kandare mit Signalfunktion geritten und ist das Ergebnis jahrelanger, schrittweiser Ausbildung, bei der das Pferd volle Selbsthaltung und höchste Präzision lernt. Diese Kandare wird individuell für das jeweilige Pferd hergestellt.  Ziel ist ein williger, feinfühliger Partner, der einhändig geritten werden kann – ideal für die Arbeit mit dem Lasso.
Demnach gibt die Ausrüstung vieles über den Reiter und sein Pferd preis. Ein Ranchpferd wird in erster Linie über das Bosal ausgebildet und dauert so lange bis das Pferd Elle Manöver gelernt hat. Dazu hören auch fliegender Galoppwechsel, die Seitengänge in allen Gangarten usw.
Danach geht es Schritt für Schritt vom Bosal ins Bit (= Gebiss) über und man reitet mit sogenannten „Two Rains“ (= zwei Zügeln / ein Zügel pro Zäumung).

Kommt dir das bekannt vor? In der Klassischen Reitkunst ist dies ähnlich. Man nennt es nur 4 Zügel (zwei link und zwei rechts / pro Zäumung zwei Zügel) und anstatt Bosal hat man die Pferde am Kappzaum ausgebildet. Die Ausbildung an der Doppelzäumung dauert nochmals 1-3 Jahre.

Nicht jedes Pferd wird auch ein „Bridle Horse“. Genauso wie nicht jeder Mensch ein olympischer Athlet wird. Für manche Pferde dauert es vielleicht auch länger als für andere. Aber es gibt kein Zeitlimit. Entscheidend sind Geduld und kontinuierliches Üben. Die Vaqueros würde sagen: Kein Pferd ist je vollständig „fertig“. Wie bei uns Menschen - keiner ist perfekt! Wir alle brauchen ab und zu eine Korrektur und es gibt immer etwas Neues zu lernen 😉

Ein gut ausgebildetes „Bridle Horse“ sieht einem Pferd aus der alten barocken Reitweise sehr ähnlich, da es sich ebenfalls sehr versammelt bewegt.
Aufgrund dieser Ausbildungsziele ist es fast schon selbstverständlich, dass der Balance, dem Feeling, Timing, den feine Hilfen und den Bedürfnissen des Pferds besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ansonsten ist es gar nicht möglich, ein Pferd bis in diesen hohen Ausbildungsstand jahrelang zu begleiten.

Horse First – auch am Rind
Und gerade bei der Arbeit am Rind, zeigt diese Philosophie nochmals genauer, wie sehr die Bedürfnisse des Pferdes im Fokus stehen.  Bezeichnet wird es als „Horse first“, was so viel heißt wie, dass stets die Technik und korrekte Ausführung von Lektionen und somit die Gesundheit des Pferdes an oberster Stelle steht und man sein Horsemanship nicht am Rinder verlieren darf. Auch wenn einem die Kuh verloren geht, darf man ihr nicht auf Kosten des Pferden hinter hetzen.

Etwas, was jedem Reiter im Kurs trotzdem schnell passiert ist. 😅 Es zeigt daher bildlich, wie schnell man sich dem Flow hingibt und Prinzipien über Bord werfen kann, auch wenn man sich „Horse First“ auf die Fahne geschrieben hat.

Dieser Rinderkurs war daher nicht zum „Kühe schubsen“ da, sondern zwei sehr lehrreiche Tage, an denen alle von Kathy’s Superkräfte profitierten und sich jeder intensiv mit der Philosophie des California Vaquero Horsemanships auseinandergesetzt hat.

Kathy’s Superkräfte 🪄
Dr. Kathy Quiggle und ihre Vision„The Whole Horse“, was so viel heißt wie: „Wir meinen das ganze Pferd“. Es ist ein ganzheitliches Konzept, das alle Aspekte der Pferdegesundheit und -ausbildung vereint. Dieses Konzept berücksichtigt, dass das Lebewesen Pferd sich nicht auf die einzelnen Aspekte seiner Gesundheit, Haltungsbedingungen und (reiterliche) Nutzung reduzieren lässt, sondern alle Teilbereiche sich gegenseitig beeinflussen.

Kathys Superkräfte zeichnen ganz klar durch diese ganzheitliche Herangehensweise an die Pferdeausbildung aus. und das Kombinieren ihres fundiertes veterinärmedizinischen Wissen mit praktischer Erfahrung der altkalifornischen Reitweise.

Kathys vereint mit ihrer tierärztlichen Praxis auf besondere Weise die Tiermedizin, Chiropraktik, Zahn- & Bitfitting, Sattelberatung/-anpassung, Haltungsoptimierung und die Pferdeausbildung im Sinne des California Vaquero Horsemanships. Vor allem ihre Promotion im Bereich Bewegungsanalyse beim Pferd zum Thema Schiefe des Pferdes begleitet bis heute ihre Arbeit. Dieses geballte Wissen bringt langfristig gesunde Pferd – funktional, mental & emotional.

Mehr zu Kathys Konzept und ihre Arbeit könnt ihr unter www.the-whole-horse.de nachlesen!

— 

Der Kursablauf
Zunächst arbeiteten alle Pferdepaare ohne Rinder. Der Fokus lag auf dem Ist-Zustand jedes Teams – ganz individuell.
Angefangen haben wir alle ohne Rinder. Jedes Pferdepaar zeigte erstmal seinen Ausbildungsstand: Während die einen, einhändig galoppierten und Seitengänge machten, hatte andere schon Mühe konzentriert ihr Pferd mit 6 Pferden in der Halle zu führen. So unterschiedlich waren die Paare, was aber überhaupt kein Problem war. Denn genau darauf kommt es bei der Philosophie ja an: Horse first!
So war zum Beispiel Fasi mit noch nie so vielen Pferden in der Halle und unser Fokus lag auf Ruhe und Konzentration. Egal was um uns herum passierte. Ich baute Start-Stopp ein, Kopf senken und Atmen. Während Fasi versuchte sich in alle Richtungen zu Schlägeln, damit er nichts verpasste. Dabei wäre sein Fokus auf mich zu legen wichtiger als die Umgebung. Er sollte sich an mir orientieren und meine Ruhe spiegeln. Nach ein paar Wiederholungen wurde es besser und dann gingen sogar auch ein paar Seitengänge.
Genau DAS ist die absolute Basis - egal ob am Rind, im Gelände oder in sonst wo. Ruhe, Konzentration und unsere eigene Bubble schaffen. Der Kurs zeigte bei allen daher hauptsächlich wesentliche Grundlagen auf, die fehlten. Und genau deshalb war dieser Kurs für alle so genial - ganz egal, ob vom Boden oder geritten.  
Nach der rinderlosen Session ging es für die Pferde & Menschen an das Kennenlernen der Rinder. Jedes Pferdepaar führte erstmal vom Boden. Manche Pferde hatten mehr Angst, andere weniger. So lernten aber alle erstmal, dass sich Rinder vom Pferd weg bewegen und das die Pferde dies auch gezielt steuern können. So wurde jedes Pferd schon nach wenigen Augenblicken mutiger und beobachteten aufmerksam die Rinder. Furchtlosere Pferde gingen voraus und alle bewegten sich langsam durch die Halle.

Die Rinderarbeit – Lernen mit Gefühl & Technik
Nach der rinderlosen Einheit kam der spannende Teil: die Begegnung mit den Rindern.
Zunächst vom Boden aus: Pferd und Mensch lernten, wie Rinder auf Bewegungen reagieren – und dass man sie gezielt beeinflussen kann. So wuchs das Vertrauen der Pferde schnell.
Nach ein paar Runden, stiegen die meisten schon auf und erste Rindermanöver geübt - die Furcht war durch Kathys professionelle Anleitung bei allen schnell wie weggeblasen.

Dann ging es eigentlich schon an diverse Techniken, wie die Rinder setteln, was so viel heißt wie, an einen Ort bündeln und dort halten. Ein Rind aus der Herde selektieren und sich mit dem Pferd dazwischen bewegen, war eine der schwierigsten Aufgaben, da das einzelne Rind immer wieder zurück zu Herde wollte und hier kamen dann Techniken wie Seitengänge, Rollbacks etc. zu nutzen.  

So wurden den Pferdepaaren verschiedene Aufgaben gestellt, die sich zu lösen hatten. Zum Beispiel die Rinder in einer S-Form durch die Halle dirigieren. Ein Rind selektieren und wieder wegtreiben (wie bei einer Working Equitation Aufgabe). Oder sogar mit Handpferd wurde versucht ein Rind zu selektieren, sondern Herde getrennt zu halten.
Des Weiteres wurden versucht, ein Rind wie ein Jojo zwischen zwei Reiter gehalten. Hier kamen wieder Rollbacks, Seitengänge und Co zum Einsatz. Denn ein einzelnes Rind war äußerst geschickt und wollte möglichst schnell wieder zu Herde zurück. Dieses Jojo-Spiel haben wir dann sogar noch ohne Rind geübt, denn wer hat schon ein Zuhause, mit dem er üben kann?!

Die Gruppen waren so aufgebaut, dass mutigere Pferde schwächere unterstützen konnten. Teamarbeit war gefragt! Denn auch DAS spiegelt genau die Philosophie wider! Jeder hatte eine wichtige Aufgabe und nur im Team konnten es funktionieren. Jeder musste sich auf den anderen verlassen können und alle im Blick haben 💪🏻

Fazit
Durch diese spannende & vielseitige Übungen, waren die zwei Tage schneller um, als alle gucken konnten.
Dieser Rinderkurs war kein Show-Event, sondern die Pferde und deren Menschen entwickelten sich in dieser kurzen Zeit wahnsinnig schnell weiter und nahmen für sich sehr viel mit: Timing, Vertrauen, Körpersprache, Achtsamkeit und vieles Mehr! ✨

Danke, Kathy! - für diesen lehrreichen Kurs und dass du mit uns dein „The Whole Horse“-Konzept teilst!

Wir freuen uns schon wahnsinnig auf nächstes Jahr! 😍

Neugierig geworden?

Habt ihr nun auch Lust bekommen und wollt ein bisschen die Welt der California Vaquero Horsemanships eintauchen?

Und von Kathy’s geballten Wissen als Tierärztin, Chiropraktikerin und Trainerin dieser Philosophie profitieren?

🐴 Tierärztin

🙌🏻 Praxis mit Schwerpunkt Chiropraktikerin
📚 Promotion im Bereich Bewegungsanalyse & Schiefe des Pferdes

🦷 Zahn- & Bitfitting
🐎 Equipmentberatung & Sattelanpassung

🤠 Trainerin für California Vaquero Horsemanship

🏞️ Haltungsberatung & -optimierung

🧭 Wanderrittführerin


➡️ Dann sichere dir den nächsten Kursplatz und erlebe, was es heißt, wirklich mit dem ganzen Pferd zu arbeiten! 🤩

Hast du noch Fragen oder möchtest dich zum Thema austauschen? Dann schreibe mir gerne bei Instagram, WhatsApp oder per Mail 🤗

Termin anfragen
Schreib mir!