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Friday
24.10.2025

Wann braucht ein Pferd eine Decke?

Wenn die Temperaturen fallen, stellt sich für viele Pferdebesitzer jedes Jahr dieselbe Frage:
Muss ich mein Pferd eindecken? Wann sollte ich mein Pferd eindecken und wann ist es noch zu warm? Warum alte, kranke oder dünne Pferde schneller frieren und was Studien dazu sagen?
Die Meinungen dazu sind oft so unterschiedlich wie die Pferde selbst. Während robuste Ponys mit dichtem Winterfell noch bei Schnee zufrieden auf der Koppel stehen, fangen ältere oder magere Pferde schnell an zu frieren.‍
Aber ab wann wird es für sie wirklich kritisch? Und was sagt die Wissenschaft dazu?

In diesem Artikel erfährst du, was wissenschaftliche Studien zur Wärmeregulation und Energieverlust bei Pferden sagen und wie du erkennst, wann dein Pferd eine Decke braucht.

Jeannine Slowik
Leitung Reitkunstzentrum Südbaden & Reitkunstlehrerin

Pferdedecke ja oder nein?

Die „untere kritische Temperatur“ (LCT) entscheidet!

Jedes Pferd hat einen Temperaturbereich, in dem es sich wohlfühlt und keine zusätzliche Energie für Wärme aufbringen muss.

Dieser Bereich nennt sich Thermoneutrale Zone. Sobald die Außentemperatur unter die sogenannte „untere kritische Temperatur“ (LCT) fällt, muss der Körper mehr Energie aufbringen, um die Körpertemperatur stabil zu halten – meist durch Zittern oder gesteigerten Stoffwechsel.

Je weiter die Außentemperatur unter der LCT liegt, desto mehr Energie braucht das Pferd!

Für jedes Grad Fahrenheit unter der LCT steigt der Energiebedarf um etwa 1 %. Das bedeutet: Bei 6 °F unter der LCT etwa 6 % mehr Energiebedarf. Umgerechnet enstprechen 0,56 °C 1% mehr Energiebedarf.


Wenn dieser zusätzliche Energiebedarf nicht über Futter ausgeglichen wird, greift der Körper auf Energiereserven zurück – das Pferd nimmt ab.
Eine Pferdedecke senkt diesen Energieverlust deutlich, indem sie die LCT quasi nach unten verschiebt!

Was Studien zeigen:

Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben den Wärmeverlust und die Anpassungsfähigkeit von Pferden untersucht:

  • Pferde mit vollem Winterfell und gutem Ernährungszustand können Temperaturen bis etwa -10 °C oder sogar -15 °C problemlos tolerieren (Kuopio Univ. 2007; NMBU 2019).
  • Pferde, die innen gehalten oder geschoren sind, haben eine deutlich höhere LCT – oft schon bei +5 bis +10 °C (University of Nebraska, 2008).
  • Für alte, kranke oder dünne Pferde steigt die LCT ebenfalls deutlich, da sie weniger Körperfett, schlechtere Durchblutung und eingeschränkte Thermoregulation haben. Schätzungsweise pro Faktor um 5 °C. Das bedeutet: Sie frieren früher (ab ca. 15 °C) und brauchen entweder mehr Futter oder eine Decke.


❗️Fazit aus den Studien: Pferde, die älter, dünner oder gesundheitlich eingeschränkt sind, brauchen früher eine Decke als junge, gesunde Tiere ❗️

Byron mit einer Decke von der Marke Horseware. Dieses Modell passt sehr gut für breit gebaute Pferde.
Warum alte und kranke Pferde schneller frieren?

Mit dem Alter verändert sich die Thermoregulation:

  • Der Stoffwechsel läuft langsamer & die Fähigkeit, Körperwärme zu produzieren, nimmt ab.
  • Das Winterfell ist oft dünner oder ungleichmäßig.
  • Der Körperfettanteil sinkt, wodurch Isolation verloren geht.
  • Erkrankungen (z. B. Cushing, Zahnprobleme) beeinträchtigen die Futteraufnahme.
  • Alte oder kranke Pferde zittern seltener oder ineffektiver – ein Zeichen, dass sie Energie sparen müssen.

Diese Pferde frieren also schon bei milden Temperaturen. Ohne Unterstützung durch Decke droht Gewichtsverlust und geschwächtes Immunsystem.

Zittern erzeugt Wärme, verbraucht aber enorm viel Energie, die alte, kranke oder rekonvaleszente Pferde schlichtweg nicht haben.
Diese Tiere verlieren daher schneller an Gewicht und frieren, selbst bei Temperaturen, die für andere Pferde noch angenehm sind.

Wann sollte man alte, dünne oder kranke Pferde eindecken? Richtwerte für die Praxis:


Diese Werte sind Orientierungen. Wind, Nässe, Futterzustand und Bewegung beeinflussen den tatsächlichen Wärmebedarf stark.

Gesundes Pferd mit gutem Winterfell, Fettreserven und guter Muskulatur:
bis Minus Grade ohne Schutz
- > Gleiches Pferd, aber nass oder Wind ausgesetzt: ab ca. 0 Grad leichter Schutz zu empfehlen (50g Decke)

Älteres oder dünnes Pferd:
ab ca. +5 Grad leichter Schutz zu empfehlen (50g Decke)
- > bei Nässe/Wind ab ca. +10 Grad leichter Schutz zu empfehlen (50g Decke)

Sehr mageres Pferd:
ab ca. +15 Grad leichter Schutz zu empfehlen (50g Decke)
- > bei Nässe/Wind ab ca. +15 Grad leichter Schutz zu empfehlen (150g Decke)

Die Skala ist jedoch sehr individuell, aber in erster Linie abhängig von:

  1. Winterfell
  2. Körperfettanteil
  3. Muskelanteil
Es wird geschätzt, dass pro Faktor - also pro aufgelisteten Punkt - die LCT Grenze um +5 Grad steigt. Das heißt: brauchte das Pferd früher als es jung, gesund ernährt und gut bemuskelt war, erst ab 0 Grad eine Decke und hat nun im Alter aber stark abgenommen, sehr viel weniger Muskulatur und Körperfett zur Isolation, rechnet man 0 + 5 + 5 +5 = 15 => Folglich ab 15 Grad braucht das Pferd schon einen Schutz. Sehr magere Pferde sind nochmal extremer betroffen. Dann ist auch ein Halsteil sehr sinnvoll.

❗️Nun aber ein ganz wichtiger Aspekt❗️

Wie warm soll es aber nun unter der Decke wirklich sein? Reichen 20 °C oder gibt es Studien, die untersucht haben, ab wann ein Pferd abnimmt, obwohl es eingedeckt wird?
Hierfür gibt es leider keine eigene Studie, die solch eine Skala aufgestellt hat. Es lässt sich aber aus den oben genannten Studien ableiten, dass ab 25 °C unter der Decke für ein normal gewichtiges, aber etwas zu dünnes oder Pferde, die schnell abnehmen, ganz okay sind.
Beobachtungen bei uns am Stall haben gezeigt, dass Pferde mit Temperaturen sogar unter 27 °C tatsächlich schon sichtlich abnehmen und erst bei 28-29 °C ihr Gewicht halten. Da spielt aber beispielsweise auch der Faktor Bewegung und damit resultierender Energiemehraufwand mit rein.

Hast du also ein sehr mageres, älteres oder krankes Pferd, solltest du sehr genau auf die Temperatur unter der Decke achten!


Denn 2-3 Grad weniger unter der Decke, sind schnell mal 4-6 % mehr Energiebedarf. Die du nur mit mehr bzw. kalorienreiches Futter zeitnah ausgleichen kannst. Solche Schwankungen, gerade über Nacht, lassen sich ohne ein digitales Deckenthermometer nicht in Erfahrung bringen!

Noch ein Tipp aus der Praxis: Wir haben mittlerweile unter allen Decken den selben Thermometer und alle Pferdbesitzer die App mit den Thermometern aller Pferde gekoppelt. So kann z. B. morgens individuell entschieden werden, wann welches Pferd ausgedeckt werden kann und für wen es noch zu kalt ist.

Nicht jedes Pferd braucht bei derselben Temperatur eine Decke. Daher wichtiger als die Außentemperatur oder dein Bauchgefühl: Sind Beobachtungen und die tatsächlichen Daten!
Deckenthermometer von Oria hat sich bei uns bewährt. Eine kostenlose App und alle können sich koppeln. So kann auch jemand anderen im Stall nach schauen, ob die Temperatur passt.
Decke oder Futter? – Beides kann helfen

Das beste „Heizsystem“ des Pferdes ist sein Verdauungstrakt. Denn Raufutter wie Heu produziert beim Verdauen Wärme.
Wenn ein älteres Pferd also bei Kälte abnimmt, kann mehr Heu helfen,. ABER ältere Pferden fressen leider nicht mehr so gut, aufgrund von Zahnproblemen, mehr Ruhebedürfnis und haben auch einfach einen langsameren Stoffwechsel. Mehr Heu als Energieausgleich ist daher bei den wenigsten Pferden tatsächlich umsetzbar - erst recht nicht bei den älteren!

Aber was tun? Die wichtigste Regel läutet Energieeinsparung durch

1. warm Eindecken, denn eine Decke die einfachste und effektivste Maßnahme, um Energieverluste zu vermeiden.

2. Zusätzlich kalorienreiches Kraftfutter, das anhand einer Heuanalyse optimal mit Proteinen, Fetten, Spurenelemente etc. angepasst wird.

3. Separieren z. B. über Nacht, damit sich weniger bewegt wird und gleichzeitig in Ruhe gefressen werden kann.

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Fazit: Wärme ist Lebensqualität – besonders für ältere Pferde

Die Forschung zeigt klar: Ein gesundes, gut gefüttertes Pferd mit Winterfell braucht selten eine Decke – selbst bei Frost.
Doch alte, kranke oder dünne Pferde verlieren Wärme schneller und haben weniger Energiereserven – oft schon bei Temperaturen, die für andere noch angenehm sind!

Eine Decke ist kein Luxus, sondern Energie-Sparhilfe!

Sie ersetzt nicht gutes Futter oder Haltung, aber sie hilft, dass ein geschwächtes Pferd nicht unnötig Kraft verliert und auch für das Immunsystem zu nutzen.

Oder kurz gesagt:

Wenn ein Pferd nicht mehr genug Energie hat, sich selbst warm zu halten, dann sollten wir ihm helfen, sie zu sparen. Denn eine Decke ist keine Mode, sondern Fürsorge.


Bist du beim Thema Eindecken von deinem Pferd aber trotzdem völlig überfragt und fragst dich:
Wann ist eine Decke wirklich nötig?
Wie decke ich ältere/dünne oder MIM-Pferde ein?
Welche Wattierung brauche ich wann?
Mit Halsteil oder ohne?
Und vor allem: Welche Passform ist ideal?

Dann helfe ich dir gerne mit der ONLINE-DECKENBERATUNG 🤩

Mit meiner individuellen Beratung schauen wir gemeinsam auf dein Pferd, dessen Haltung, Fell‑, Gesundheits‑ sowie Trainingszustand und helfe dir, die perfekte Decke zu finden. So sparst du dir das nervenaufreibende Bestellen, Anprobieren und zurück schicken, während du trotzdem noch unsicher bist, ob sie überhaupt wirklich passt! 💪🏻

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